25 Jahre e5 – was wurde geleistet und wie geht es weiter?
Das erste e5-Netzwerktreffen des Jahres warf einen Blick zurück auf 25 Jahre Programmarbeit und lieferte einen Ausblick auf die weitere Entwicklung des e5-Landesprogramms.
Das e5-Programm wurde vor 25 Jahren in Vorarlberg gegründet und sollte Gemeinden auf dem Weg zur Energieautonomie begleiten. 11 Pioniergemeinden starteten im Jahr 1998. Mittlerweile nehmen 52 Gemeinden am Programm teil, unzählige Projekte wurden umgesetzt, Wissen angesammelt und infrastrukturell, finanziell und organisatorisch Strukturen geschaffen.
Die Emissionen in Vorarlberg sanken in dieser Zeit, allerdings weniger deutlich als es die globalen Klimaziele vorgaben. Global steigen die Emissionen weiterhin an und die Erde erwärmt sich in einem dramatischen Ausmaß. Zudem brachte der russische Angriffskrieg im letzten Jahr eine Zeitenwende: Projekte, die bis vor kurzem noch nicht realisierbar schienen, vor allem im Bereich der Wärmeversorgung, werden jetzt angegangen.
Unter diesen Voraussetzungen wollen wir nach 25 Jahren nicht bloß feiern. In Zusammenarbeit mit den anderen Bundesländern wurde das e5-Programm evaluiert und Vorschläge erarbeitet, wie es an die neuen Herausforderungen angepasst werden könnte.
Am e5-Netzwerktreffen in Hörbranz wurden diese Vorschläge erstmals Vertreter*innen der e5-Gemeinden präsentiert und zur Diskussion gestellt.
Vortrag zu „Scheinklimaschutz“
Eröffnet wurde das Netzwerktreffen mit einem Vortrag von Reinhard Steuerer von der BOKU Wien zum Thema „Schein-Klimaschutz“.
Trotz aller Klimaschutzparolen und –politiken, stiegen die Emissionen stetig an, so Steurer. Trotz der dramatischen Klimaerwärmung seien wir von einer realistischen Strategie zur Absenkung der Emissionen meilenweit entfernt. Denn dafür müsse das Verbrennen von Gas, Kohle und Öl sehr schnell und sehr massiv reduziert werden.
Dies passiere aber nicht, so Steurer. Stattdessen würde auf allen Ebenen „Scheinklimaschutz“ betrieben. Vom Mülltrennen im privaten Haushalt über den neuen Fahrradständer in der Gemeinde bis hin zum EU-Emissionshandel und Freihandelsabkommen gäbe es auf allen Ebenen Maßnahmen, welche die CO2-Verschmutzung kaum reduzieren, sondern vor allem unser Gewissen beruhigen. Was letztendlich dazu führe, dass das Problem immer größer und eine Lösung immer unwahrscheinlicher werde.
Um die Emissionen wirklich den Klimazielen gemäß zu reduzieren, müssten alle Maßnahmen auf den Prüfstand gestellt werden. Die Gemeinden sollten sich auf die zentralen Maßnahmen konzentrieren, die effektiv die meisten Emissionen verringern.
e5-Rückschau und Entwicklungspotentiale
Anschließend an diesen Input zog Gregor Sellner Bilanz über die 25 Jahre e5-Programm. Er würdigte, dass in den letzten 25 Jahren erfolgreich Strukturen geschaffen und unzählige Pionierprojekte umgesetzt wurden.
Technologien wie Photovoltaik, Passivhausstandard oder E-Mobilität wurden marktreif und wirtschaftlich darstellbar und die Zahl der teilnehmenden Gemeinden und die Zahl der Projekte wuchs in den letzten Jahren stark an.
Konzentration auf das Erreichen der Klimaziele?
Nun müsse man das Erreichte nutzen und die Ernte einfahren, so Programmleiter Gregor Sellner in seinem Beitrag. Die e5-Gemeinden sollen sich in Zukunft stärker darauf konzentrieren, die Emissionen zu senken und einen starken Beitrag zu der Erreichung der Klimaziele zu leisten. In Zukunft soll der Dringlichkeit der Treibhausgasreduktion damit Rechnung getragen werden.
Damit präsentierte Gregor Sellner folgende Überlegungen zur Weiterentwicklung des e5-Programms, welche anschließend in Arbeitsgruppen diskutiert wurden.
Die Vorschläge im Einzelnen
1. Zielorientierung und Wirkungsmessung
Seit 2005 wurden auf globaler Ebene, in der EU, im Bund und für das Land Vorarlberg (Energieautonomie 2050) quantitative Klimaziele vereinbart. Da das e5-Programm bisher kein Gesamtziel hat, soll es sich zukünftig am Ziel der Klimaneutralität 2040 orientieren und bei der Bewertung der Gemeinden durch Absenkpfade und Dekarbonisierungskriterien auf die Erreichung des österreichischen Klimazieles fokussieren.
Dies erhöhe die Transparenz der Bewertung und sei auch fairer gegenüber kleinen Gemeinden, die oft Emissionen gut reduzieren, aber bei bisher stärker bewerteten Planungen, Strategien und Leitbildern großen Gemeinden mit spezialisierten Verwaltungsabteilungen unterlegen waren.
2. Fokus auf die Kernthemen
Das e5-Programm nahm über die Jahre immer mehr Themen in die Bewertung und Beratung mit auf. Perspektivisch sollte sich das Programm daher wieder auf die Kernthemen Energieeffizienz, Energiesparen, Mobilität und Erneuerbare Energien fokussieren.
Dies macht die Aufgabe übersichtlicher und verhindert, dass sich e5-Teams in den vielen Themenbereichen vom Abfallmanagement bis zur Grünraumplanung verlieren. Auch Beratungsangebote, Dienstleistungen und Tools, die den Gemeinden zur Verfügung gestellt werden, könnten damit zielgerichteter sein.
3. Adaptionen bei der Qualitätssicherung
Der Maßnahmenkatalog und das Audit wurden für ein Programm mit wenigen Vorreitergemeinden ausgelegt. Mittlerweile wurde das e5-Programm österreichweit zum Breitenprogramm (rd. 280 Gemeinden), das Qualitätsmanagement wurde jedoch nie an diese Entwicklung angepasst. Für die Gemeinden aber auch für die e5-Betreuer*innen bedeutet das Audit daher einen sehr hohen Zeitaufwand. Zeit, die besser für Beratung und Umsetzungen verwendet werden kann.
Geplant ist daher, die Zahl der Kriterien, die im Audit bewertet werden, zu reduzieren. Zudem soll wo möglich eine stärkere Standardisierung und Quantifizierung umgesetzt werden. So könnten vermehrt Indikatoren wie THG-Emissionen, Gasverbrauch oder Energieeinsparungen in der Gemeinde erhoben und bewertet werden. Dies würde Gemeinden und Berater*innen zeitlich entlasten und zudem mehr Transparenz in der Bewertung schaffen.
4. Anpassung und Standardisierung bei Beratung und Dienstleistungen
Das e5-Programm beinhaltete stets eine intensive Begleitung und Betreuung der Gemeinden durch eine e5-Berater*in. Zur Diskussion steht, die Personalintensität zu verringern und die Beratung und Betreuung bedarfsgerechter und flexibler zu gestalten. Auch die Möglichkeit neben der reinen Prozessberatung konkrete Unterstützung von Projektumsetzungen anzubieten, steht zur Debatte. Weiters könnten Dienstleistungen und Tools zu Schwerpunktthemen ausgebaut werden. Auch eine stärkere Spezialisierung der e5-Berater*innen wäre möglich.
5. Neukalibrierung des Systems
Mehr als 50% der e5-Gemeinden in Vorarlberg haben 4 oder 5 „e“, keine der e5-Gemeinden wird mit nur einem „e“ bewertet. Das System ist bisher wenig dynamisch, Auf- aber vor allem Abstiege kommen sehr selten vor. Zudem ist nur wenig transparent, was die Anzahl der „e´s“ aussagt. Daher wird überlegt, bestimmte „Aufstiegskriterien“ zu fixieren (z.B. um 5e zu erreichen muss die Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich fossilfrei sein). Auch eine Abkehr von den 5 „e´s“ und eine neue Bewertungsskala steht zur Diskussion.
Diese fünf Vorschläge wurden von den Teilnehmer*innen in Arbeitsgruppen diskutiert. Die Feedbacks findet ihr im grafischen Protokoll.
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