Beratung. Förderung. Stärkung.

Energetischer Vergleich der Beispielgebäude

Der energetische Vergleich der untersuchten Beispielgebäude zeigt, dass die Anforderungen an Paris-kompatible Mehrfamilienhäuser schon heute erreicht werden können. Die meisten der vorgestellten Gebäude erreichen die Anforderungen oder erreichen die Anforderungen spätestens mit dem für etwa 2030 zu erwartenden Verbraucherstrommix.

Normierter Bedarf - Verbrauchsprognose - realer Verbrauch

Abbildung 1 zeigt die gemessenen Heizwärmeverbäuche der Projekte im Vergleich zu den unter PHPP-Standardrandbedingungen (20 °C) und in der PHPP-Verbrauchsprognoseberechnung (22,5 °C) berechneten Werten. Für die Projekte mit wissenschaftlichem Monitoring ist zusätzlich die mittlere Raumlufttemperatur in der Heizperiode (Oktober bis März) dargestellt.

Die Verbrauchswerte sind nicht klimakorrigiert. Eine Einordnung des Einflusses des Standortklimas auf Heizwärmebedarf, Heizlast und Endenergiebedarf für Heizung findet sich im Buchkapitel 2.11.1.

Abbildung 1: spezifischer Heizwärmeverbrauch der Projekte (graue Säulen) im Vergleich zum spezifischen HeizwärmebedarfPHPP der Projekte unter Standardrandbedingungen (blau) und in der PHPP-Verbrauchsprognoseberechnung mit 22,5 °C (rot)

Der mit PHPP-Standardrandbedingungen berechnete spezifische Heizwärmebedarf liegt für den Großteil der Projekte zwischen etwa 12 kWh/(m²WNF a) und 16 kWh/(m²WNF a). Diese Projekte erreichen damit den Grenzwert für Passivhäuser von 15 kWh/(m²EBF a).

Für das Projekt Innsbruck An der Lan wird ein Wert von 10,6 kWh/(m²WNF a) ausgewiesen, in der Berechnung sind jedoch die Wärmebrücken nicht erfasst. Die Werte beider Gebäude des Projekts in Dafins liegen mit 26,7 kWh/(m²WNF a) und 32,1 kWh/(m²WNF a) trotz sehr guter Hüllqualität höher, da das Projekt deutlich kleiner und weniger kompakt ist und auf knapp 800 m Meereshöhe liegt. Der Wert des KliNaWo-Gebäudes in Feldkirch liegt bei 30,5 kWh/(m²WNF a). Das Gebäude würde mit Wärmerückgewinnung den Passivhaus-Grenzwert von 15 kWh/(m²EBF a) erreichen. Da es jedoch mit Abluftanlage ausgeführt wurde, liegt der Heizwärmebedarf bei gleicher mittlerer Luftwechseltate von 0,3 h-1 um etwa 13-15 kWh/(m²WNF a) höher.

Wird der Heizwärmebedarf als Verbrauchsprognoseberechnung mit veränderten Randbedingungen ermittelt, so liegt der rechnerische Heizwärmebedarf um etwa 6 kWh/(m²WNF a) bis 11 kWh/(m²WNF a) über dem Wert mit Standard-Randbedingungen. Das Ausmaß der Erhöhung des rechnerischen Heizwärmbedarfs in der Verbrauchsprognoseberechnung ist u.a. vom Standortklima sowie vom Fensterflächenanteil abhängig. Die gemessenen Heizwärmeverbräuche der Projekte Innsbruck Vögelebichl und KliNaWo in Feldkirch stimmen mit 20,8 kWh/(m²WNF a) und 42,5 kWh/(m²WNF a) auf etwa 1 kWh/(m²WNF a) mit den Werten der Verbrauchsprognoseberechnung überein. Auch der Verbrauch des Projekts in Frankfurt entspricht mit 27,7 kWh/(m²WNF a) sehr gut der Verbrauchsprognose.

In den beiden Gebäuden in Wolfurt liegen die Verbräuche mit 32,4 kWh/(m²WNF a) bzw. 38,2 kWh/(m²WNF a) deutlich über der Verbrauchsprognose. Hauptgrund sind die stark erhöhten mittleren Raumlufftemperaturen im Winter von 24,8 °C bzw. 25,3 °C. Die Verbräuche der beiden Gebäude in Dafins liegen im ersten Betriebsjahr bei 40,2 kWh/(m²WNF a) bzw. 44,7 kWh/(m²WNF a) und damit um 2,3 kWh/(m²WNF a) bis 4,9 kWh/(m²WNF a) über dem in der Verbrauchsprognose ermittelten Wert.

Gemessener Endenergieverbrauch aller Anwendungen

Abbildung 2 zeigt den Verbrauch der stromversorgten Gebäude für die Anwendungen Heizung und Warmwasser, Hilfs-, Allgemein- und Haushaltsstrom. Zusätzlich wird als zweite Säule für jedes Projekt die Bereitstellung des Verbrauchs dargestellt, dabei wird zwischen Netzbezug Strom und PV-Eigennutzung unterschieden. In einer dritten Säule pro Projekt wird die PV-Netzeinspeisung dargestellt. Die schwarze Linie bei 35 kWh/(m²WNF a) stellt den Anforderungswert für den Netzbezug dar, der von Paris-kompatiblen Mehrfamilienhäusern nicht überschritten werden sollte.

Abbildung 2: spezifischer Endenergieverbrauch in Summe aller Anwendungen; Bereitstellung durch Netzbezug und PV-Eigennutzung sowie PV-Einspeisung der stromversorgten Mehrfamilienhäuser

Den bei Weitem niedrigsten Strom-Netzbezug hat das Projekt in Frankfurt mit 21 kWh/(m²WNF a). Das Projekt erreicht diesen Wert dank einer Kombination aus sehr hohem Wärmeschutz der Hülle, Komfortlüftung mit Wärmerückgewinnung, einer sehr effizienten Abwasser-Wärmepumpe, sehr effizienten Haushaltsgeräten und der bei Weitem größten PV-Anlage (gesamte Fläche des Dachs und der opaken Teile der Südfassade).

Auch das Projekt in Langenegg erreicht mit einem Netzbezug von 29 kWh/(m²WNF a) den Anforderungswert für Paris-kompatible Mehrfamilienhäuser. Die Projekte Innsbruck Vögelebichl, KliNaWo und Wolfurt A liegen bei einem Netzbezug Strom von 37 kWh/(m²WNF a), 41 kWh/(m²WNF a) und 44 kWh/(m²WNF a), das Gebäude Dafins A bei 43 kWh/(m²WNF a) und damit knapp über dem Anforderungswert für Paris-kompatible Mehrfamilienhäuser.

Die Gebäude Wolfurt B und Dafins B erreichen im ersten Betriebsjahr 53 kWh/(m²WNF a) und 57 kWh/(m²WNF a). Hauptgrund für den vergleichsweise hohen Wert des Projekts Dafins B ist der weitaus höhere Haushaltsstromverbrauch. Das direktelektrisch beheizte Gebäude Innsbruck An der Lan erreicht einen Netzbezug von 57 kWh/(m²WNF a). Wegen der atypischen Nutzung mit einer beheizten pro Kopf-Wohnfläche von 58 m²/Person sind die Werte des Warmwasser- und des Haushaltsstromverbrauchs weit niedriger als in den übrigen Gebäuden. Bei vergleichbarer Nutzung hätte das Projekt deutlich höhere Verbräuche. Die höchste auf die Wohnnutzfläche bezogene, spezifische PV-Einspeisung haben die beiden Gebäude in Dafins mit 45 kWh/(m²WNF a) und 34 kWh/(m²WNF a).

Prognostizierter Endenergieverbrauch bei maximaler Dach-PV

Abbildung 3 zeigt die gleichen Werte wie Abbildung 2, jedoch als Verbrauchsprognosewerte für die Variante jedes Gebäudes mit maximaler PV-Fläche auf dem Dach. Wie die Gegenüberstellung verdeutlicht, erreichen alle Gebäude außer KliNaWo, Wolfurt und An der Lan den Anforderungswert für Paris-kompatible Gebäude von 35 kWh/(m²WNF a), wenn die Solarpotenziale auf dem Dach weitestgehend ausgenutzt werden.

Es zeigt sich, dass das KliNaWo Gebäude einen relativ hohen Endenergiebedarf für Heizung und Warmwasser hätte, wenn die Variante PVmax ohne die große Solarthermie der realisierten Variante ausgeführt würde. Um den Anforderungwert für Paris-kompatible Mehrfamilienhäuser von 35 kWh/(m2 WNF a) zu erreichen, könnte das Gebäude mit sehr effizienten Haushaltsgeräten und/oder mit einer Komfortlüftung mit Wärmerückgewinnung ausgestattet werden. Die höchsten auf die Wohnfläche bezogenen, spezifischen Netzeinspeisungen haben die beiden Gebäude in Dafins mit 64 kWh/(m²WNF a) und 56 kWh/(m²WNF a).

Abbildung 3: spezifischer Endenergiebedarf der Varianten PVmax in Summe aller Anwendungen gemäß Verbrauchsprognoseberechnung; Bereitstellung durch Netzbezug und PV-Eigennutzung sowie PV-Einspeisung der stromversorgten Gebäude; Projekt Frankfurt nicht dargestellt, da schon in der Realisierungsvariante die maximale PV-Fläche umgesetzt wurde

Treibhausgasemissionen bei aktuellem und zukünftigem Strommix

Wie die Abbildung 4 zeigt, liegen die Treibhausgasemissionen aller Gebäude deutlich über den Paris-kompatiblen Emissionen von 3,13 kg/(m²WNF a) bis 6,25 kg/(m²WNF a), wenn der aktuelle deutsche Strommix unterstellt wird (oranger Balken). Wird der aktuelle Verbraucherstrommix Österreichs unterstellt (graue Balken), so erreicht das Projekt in Frankfurt mit 7 kg/(m²WNF a) fast den Paris-kompatiblen Wert.

Abbildung 4: spezifische Treibhausgasemissionen der wärmepumpenbeheizten Gebäude, für die monatsweise Messerte des Netzbezugs Strom vorliegen

Mit dem Verbraucherstrommix Österreichs im Jahr 2030 (bei Umsetzung der aktuellen Ausbauziele lt. Regierungsprogramm zu 2/3) entsprechen die Projekte in Frankfurt, Innsbruck und Feldkirch dem Paris-kompatiblen Wert während ihn die Gebäude Wolfurt A und B sowie Dafins A noch knapp verfehlen (blaue Balken). Das Gebäude Dafins B verfehlt den Wert aufgrund des sehr hohen Haushaltsstromverbrauchs deutlich.

Durch den Austausch der Haushaltsgeräte können jedoch auch die drei letzgenannten Projekte schon im Jahr 2030 den Paris-kompatiblen Bereich erreichen.

Resumé

Die Querschnittsanalyse der untersuchten Beispielgebäude zeigt, dass die beschiebenen Anforderungen an Paris-kompatible Mehrfamilienhäuser schon heute erreicht werden können. Die meisten der vorgestellten Gebäude erreichen die Anforderungen oder erreichen die Anforderungen spätestens mit dem für etwa 2030 zu erwartenden Verbraucherstrommix.

Alle Gebäude könnten heute, drei bis 10 Jahre nach Errichtung und in Kenntniss der Anforderungswerte mit kleineren Optimierungen in der Auslegung und im Betrieb so verändert werden, dass sie die Anforderungswerte erreichen. Dazu wären teilweise nur Betriebsoptimierungen notwendig (z.B. regelungstechnische Optimierungen in den Projekten Dafins und Wolfurt), zum Teil aber auch Änderungen in der Konzetion: so könnte etwa das KliNaWo-Gebäude mit einer zentralen Wärmerückgewinnung für die Abluft ausgestattet werden und in den meisten Projekten sollten die PV-Anlagen größer dimensioniert werden.


Außerdem zeigt der Vergleich die Bedeutung effizienter Haushaltsgeräte: der Energieverbrauch der Beispielgebäude für Heizung, Warmwasser und Hilfsstrom ist so niedrig, dass er nur etwa 38 % bis 55 % des Gesamt-Stromverbrauchs der wärmepumpenbeheizten Gebäude ausmacht. Die Reduktion des Haushaltsstromverbrauchs ist daher eine Aufgabe von zentraler Bedeutung. Wie weit diese Reduktion gehen kann, zeigt das Projekt in Frankfurt, dessen Haushaltsstromverbrauch aufgrund der Ausstattung aller Wohnungen mit hocheffizienten Elektrogeräten mit 14,4 kWh/(m²WNF a) weit niedriger liegt als der aller anderen Projekte.

Wie die Querschnittsanalyse zeigt, kann der Hilfsstromverbrauch auf sehr niedrige Werte reduziert werden. In einigen Projekten gelang dies bislang noch nicht vollständig, das Thema des Hilfsstromverbrauchs sollte daher in der Planung, bei der Inbetriebnahme und bei der Optimierung im Betrieb eine wichtigere Rolle spielen als bislang üblich.

Dieser Beitrag ist ein Auszug aus der Publikation Low Cost nZEB, Paris-kompatible Mehrfamilienhäuser. Sie möchten mehr erfahren? Hier gehts zur ungekürzten Langfassung.