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„Keine Drohungen. Kein erhobener Zeigefinger.“

Rund um die Energieautonomie hört man von Energielandesrat Daniel Allgäuer öfters das Wort „pragmatisch“. Bei der Atomkraft aber endet sein Verständnis, wie er im max50-Interview erzählt.

2009 wurde Daniel Allgäuer in den Vorarlberger Landtag gewählt, kurz davor hatte der Landtag einstimmig Ziel und Weg zur Energieautonomie 2050 beschlossen. In den darauffolgenden Prozess zur Konkretisierung der ersten Umsetzungsdekade (die schließlich in den „101 enkeltauglichen Maßnahmen“ mündete) war er von Anfang an als engagierter Vertreter der Landwirtschaft, Experte zum Thema Biogas und politischer Vertreter des Landes involviert. Der Einstieg ins Gespräch erfolgt daher ohne großes Vorgeplänkel.

max50: Wo liegen aktuell die Herausforderungen auf dem Weg zur Energieautonomie?

Daniel Allgäuer: Der Verkehr ganz generell, das ist bekannt. Im Energiebereich selbst das Zwischenziel, bis 2030 den Strom zu 100 % aus heimischen Erneuerbaren zu produzieren, weil das auch von ein paar Kraftwerksbauten abhängt. Andererseits läuft die PV gut, das Ausbauziel für 2030 haben wir schon erreicht.

„Keine Drohungen. Kein erhobener Zeigefinger.“
Daniel Allgäuer, Energielandesrat

Was passiert dort, wo’s zu langsam geht?

Keine Drohungen, kein erhobener Zeigefinger. Ich pflege einen pragmatischen Zugang: Es wird auch noch Entwicklungen geben, die uns helfen können. Die Windkraft steht vor der Haustüre, die aktualisierte Studie zu den Ausbaupotentialen habe ich damals im Landtag initiiert.

Und die Tiefengeothermie könnte eine Rolle spielen, das müssen wir noch untersuchen. Ebenfalls untersucht haben wir das Thema Biogas, die Studie wird im Juni fertig sein.

Es gibt aber auch Bereiche, wo ganz ordentlich was weitergeht.

Beim Heizungstausch beispielsweise – den das Land übrigens verlässlich bis 31. 12. 2025 fördert. Und auch der PV-Ausbau dürfte intensiv weitergehen. Die Anlagen sind derzeit so günstig, dass sie sich auch ohne Förderung rechnen.

Für Unternehmen ist die Wirtschaftlichkeit ein wichtiges Thema.

Natürlich. Energie ist ein Kostenfaktor. Die Steigerung der Energieeffizienz ist daher eine wichtige Aufgabe, das merke ich in vielen Gesprächen mit Unternehmern. Eine wichtige Rolle spielt die Industrie aber nicht nur beim Energieverbrauch, sondern auch im Bereich der Wärmeversorgung: Mit der Abwärme aus den großen Industriebetrieben im Walgau könnten wir einen ordentlichen Teil des Walgaus und oberen Rheintals beheizen.

Wer spielt sonst noch eine Rolle auf dem Weg zur Energieautonomie?

Die Partnerschaft mit den e5-Gemeinden ist tief verwurzelt und wichtig. Wir wollen künftig aber auch jene Gemeinden, die nicht im e5-Programm sind, stärker mit Hilfestellung unterstützen, etwa wenn es um die Umsetzung von EU-Vorgaben geht. Die Partnerschaft mit den Gemeinden bringt uns außerdem nahe an die Bürgerinnen und Bürger.

Wie holt man die Bürgerinnen und Bürger ab?

Mit eigener Energie Kosten zu sparen, aber auch und vor allem: sich selbst sicher zu versorgen. Eine PV-Anlage mit Speicher und damit ein Stück weit potentielle Blackout-Fähigkeit ist ein starkes Argument. Sicherheit, Widerstandsfähigkeit, das gibt ein gutes Gefühl. Aber: Es gibt auch Menschen, da steht das E-Auto oder die PV-Anlage nicht an erster Stelle, weil kein Geld dafür übrig ist. Das bedeutet, dass Förderungen für einkommensschwache Haushalte aufrecht bleiben müssen, wie zum Beispiel „Sauber heizen für alle“.

Apropos „sauber“: Die Atomenergie feiert ein Revival als CO2-freie Energie.

Ja, unverständlicherweise ist das so. Doch es mögen die neuen Kernkraftwerke klein und niedlich und ganz besonders sicher sein, die wichtigen Fragen zur Endlagerung sind nach wie vor ungeklärt und belasten nachfolgende Generationen. Ich war in Weißrussland, wo ganze Landstriche durch den Tschernobyl-Fallout zum toten Gebiet geworden sind. Wer das gesehen hat, kann nie wieder der Atomkraft das Wort reden.

 „Wenn ich gegen Atomkraft bin, muss ich die Erneuerbaren vor Ort zulassen.“
Daniel Allgäuer, Obmann des Energieinstitut Vorarlberg

Das zieht aber auch Konsequenzen nach sich.

Natürlich. Wenn ich gegen die Atomenergie bin, dann muss ich die Erneuerbaren wie Wind und Wasserkraft vor Ort zulassen, das sage ich auch in jeder Diskussion. Die Erfordernisse der Energieautonomie den Menschen zu vermitteln, ist übrigens auch eine Aufgabe des Energieinstituts.

Dessen Obmann du seit einem halben Jahr bist.

Ja, und ich schätze diese Aufgabe und insbesondere den laufenden Austausch mit dem Energieinstitut sehr. Das Energieinstitut ist professionell aufgestellt und hat den Finger am Puls der Zeit. Es ist nicht nur wegen seiner Fachlichkeit ein wichtiger Begleiter und Unterstützer auf dem Weg zur Energieautonomie, sondern auch weil die wichtigen institutionellen Partner darin vertreten sind, von der Landwirtschafts- bis zur Arbeiterkammer und vom Land bis zur illwerke vkw.

Du bist seit kurzem Opa, hat das Attribut „enkeltauglich“ dadurch eine andere Bedeutung für dich?

Über das erste Enkelkind freuen wir uns natürlich ungemein. Aber der sorgsame Blick auf die nachfolgenden Generationen ist jedem Landwirt quasi in die Wiege gelegt.

Zur Person

Daniel Allgäuer verantwortet als Mitglied der Vorarlberger Landesregierung die Energieautonomie. Im Dezember 2024 wurde er zum Obmann des Energieinstitut Vorarlberg gewählt, eine Rolle, die traditionellerweise das ressortverantwortliche Regierungsmitglied innehat.

Auch privat ist er der Energieautonomie verbunden: Am mittlerweile von seinen Söhnen bewirtschafteten Agrarbetrieb hat er zusammen mit den Stadtwerken Feldkirch 2001 eine Biogasanlage errichtet, die Strom für rund 300 Haushalte liefert. Eine große PV-Anlage am selben Standort steht kurz vor der Fertigstellung.

Das Gespräch haben wir für die 77. Ausgabe (Juni 2025) unserer Institutszeitschrift max50 geführt. max50 erscheint zweimal im Jahr und ist kostenlos, zum Abo gelangen Sie hier