7 Impulse aus dem Fachforum Strom & Wärme vom 9. November 2021
Auch das zweite Fachforum des Jahres stellte sich im Wesentlichen die Frage, womit gedeihlich zur Erreichung der PV-Ausbauziele von Bund und Land beizutragen wäre. 7 kluge Köpfe haben Impulse dazu geliefert, ein paar Beispiele dafür finden Sie im Folgenden.
Der frischgebackene Träger des deutschen Solarpreises, Elektrotechniker und Nebenerwerbslandwird Fabian Karthaus hat einen halben Hektar Obstplantage mit PV-Modulen überdacht und freut sich über doppelten Ertrag von Strom und Obst. Heidel-, Him- und Erdbeeren, Tafeltrauben und Äpfel gedeihen im Schatten transluzenter PV-Module. Die Module sorgen für verzögerte Reifung und geringen Schädlingsbefall. Die ohne Betonfundamente errichtete und vollständig rückbaubare Anlage ist nur bei den Behörden auf wenig Gegenliebe gestoßen. So meint der Nebenerwerbslandwirt, er würde eine solche Anlage jederzeit wieder bauen, wenn das Baurecht den Weg besser ebnen würde und meint: „Diesen Behördenweg würden wir nervlich kein zweites Mal durchstehen.“
Immer schön die PV-Fassade wahren
In Deutschland kann man PV am Dach gar nicht so teuer bauen, als dass sie sich nicht rentiert. Selbst bei hohen Gestehungs- und laufenden Kosten liegt der Strompreis unter 10 Cent. Rechnete jedenfalls Bene Müller vor. Und der Gründer und Vorstand von solarcomplex muss es wissen, entwickelt und initiiert sein „Bürgerunternehmen“ doch seit zwanzig Jahren Solarprojekte am nördlichen Bodensse. Und weiter: Selbst an der ertragstechnisch schlechtesten Fassadenseite kostet der Strom aus eigener PV unter 20 Cent.
Damit kann er mit dem Tarif des Stromlieferanten mithalten, in Deutschland sogar ziemlich locker. Außerdem bringe die Photovoltaik bei künftig steigendem Kühlbedarf einen Doppelnutzen: die hinterlüftete Fassade wird nicht so heiß und der Strom kann für eine aktive Kühlung herangezogen werden. Alles am Namen von Müllers Unternehmen ist dabei nicht Programm, denn komplex ist sein Zugang nicht: An der Fassade wurden klassische Standardmodule verbaut.
Die gemeinschaftliche Erzeugungsanlage ist gekommen, um zu bleiben
Sie war der Star beim ersten oder zweiten Fachforum Strom & Wärme, der damals noch „Fachkongress innovative Stromanwendungen im Wohnbau“ hieß: die gemeinschaftliche Erzeugungsanlage. Und sie ist laut Andreas Vonblon von illwerke vkw gekommen, um zu bleiben. Denn auch wenn die große Schwester Erneuerbare-Energie-Gemeinschaft an die Tür klopft, bleibt sie im Mehrfamilienhaus ein interessantes Modell, um gemeinsam produzierten Strom zu teilen. Für den eigenverbrauchten Strom fällt kein Netzentgelt an und laufende Netzgebühren sollen 2022 fallen.
Damit’s funktioniert, braucht’s einen Kümmerer oder externen Dienstleister. Knackpunkt ist oft der Zustand des Daches. Der zweite große Hemmschuh, die 100%-Zustimmung in der Eigentümerversammlung, fällt voraussichtlich 2022.
PV-Karriere mit Lehre
Elektro-Innungsmeister Klaus Ehgartner stellt sich beim Fachforum vor Ort im Studio ein und plaudert mit uns ein bisschen darüber, wie’s der Branche so geht. Die beklagt sich nicht über mangelnde Auslastung und kämpft, wie das gesamte Handwerk, mit Lieferengpässen und fehlendem Personal. So fokussiert die Branche denn auch darauf, möglichst rasch möglichst viel Nachwuchs zu aktivieren. Die weitere Stärkung der dualen Ausbildung und die bessere Anrechnung von Vorbildung durch verkürzte Lehrzeiten sollen der Branche Fachkräfte bringen.
Mit dem neuen EAG zu den Zielen der EA+
Derzeit werden in Vorarlberg rund 100 GWh PV-Strom im Jahr produziert. 2030 sollen es 330 sein, lautet das Vorarlberger Ziel im Rahmen der Strategie „Energieautonomie+“. Der Zubau muss dabei weiter gesteigert werden, erklärt Markus Niedermair vom einschlägigen Fachbereich im Amt der Landesregierung. Bundesrat Adi Groß liefert dazu auch den österreichweiten Zusammenhang: 27 TWh Strom aus Erneuerbaren, 11 davon aus PV sollen bis 2030 zugebaut werden, damit Österreichs Stromproduktion klimaneutral wird. Der Verbrauchszuwachs ist bereits eingepreist.
Den Turbo liefern soll ein neues Förderregime im EAG, das für kleine Anlagen bis 10 kWp im Wesentlichen gleich bleibt, für größere Anlagen aber nach dem Prinzip „Bestbieter“ funktioniert: Die Anlagenerrichterin nennt dem Fördergeber die gewünschte/benötigte Höhe der Förderung. Beginnend von der niedrigsten beantragten Förderung je kWp wird dann ausgeschüttet, solange das Geld reicht. Mindestens zwei Fördercalls pro Jahr soll es geben. Ebenso Abschläge für Freiflächen- und Zuschläge für innovative Anlagen.
Neu wird auch das Recht auf Anschluss und auf 100 %-Rückspeisung für Anlagen bis 20 kW sein. Und in einem Punkt ist sich Adi Groß sicher: Ohne Freiflächen wird’s nicht gehen. 5 TWh realisierbares Potential auf Gebäuden sowie Park- und Verkehrsflächen attestiert eine aktuelle Studie. Nachdenken über eine PV-Pflicht auf Parkflächen und im Neubau und die Forcierung von PV z. B. auf Lärmschutzwänden empfiehlt Groß konkret.
Gemeinsam unter Strom: die Energiegemeinschaften
Sie sind der Rising Star auf dem Weg zur Stromwende: Energiegemeinschaften. Es wird bald für alle ziemlich einfach möglich sein, aktiv an der Energiewende mitzuarbeiten – sobald ein paar Unklarheiten ausgeräumt sind und die Netzbetreiber ihre Hausaufgaben gemacht haben. Das berichtet Eva Dvorak, die Leiterin der neuen im Klimafonds angesiedelten Koordinationsstelle für Energiegemeinschaften. Gemeinsam mit den Energieagenturen der Bundesländer arbeitet sie daran, die Zugänge zu den EEGs möglichst einfach zu gestalten.
Die Koordinierungsstelle fungiert dabei als Anlaufstelle für Expert*innen, Initiator*innen und Teilnehmer*innen gleichermaßen. Vor allem Gemeinden stehen österreichweit Schlange zur Gründung von EEGs: Vorreiterrolle, Bürgerbeteiligung, Bekämpfung von Energiearmut und die Elektrifizierung des Fuhrparks sind die wesentlichsten Anliegen. Bis zum 28. Februar 22 könnenEnergiegemeinschaften beim Klimafonds im Rahmen der Sondierungs- und Integrationsphase des Programms Energiegemeinschaften 2021 mit einem Umsetzungskonzept beauftragt werden.
Der Name ist Programm: Energiemodellregion Vorderwald
Auf dem Weg zur ersten regionalen Energiegemeinschaft im Land befindet sich die Energieregion Vorderwald, berichtet deren Managerin Monika Forster. Dabei hanteln sich die Gemeinden entlang der sich entwickelnden Rahmenbedingungen. Weil eine regionale EEG mit mehreren Einspeisern noch nicht möglich ist, erfolgt der Start mit dezentralen EEGs mit jeweils einer Anlage, die dann später zu einer regionalen EEG verschränkt werden. Als Rechtsform wird vorerst ein Verein gegründet werden.
Das Potential der regionalen EEG ist die Reduktion des Netzbezugs der Gemeinden um 20 %. Neben der Reduktion des Netzbezugs sind v.a. der Erhalt von bestehenden Ökostromanlagen und der Zubau neuer Anlagen (nicht nur PV) die wesentlichsten Ziele. Zudem sollen die wirtschaftlichen Vorteile zusätzliche Klimaschutzmaßnahmen finanzieren. Später soll es übrigens auch die Möglichkeit zur Beteiligung von Privatpersonen und Unternehmen geben. Das ist auch notwendig, denn zur Erreichung der Ziele im Rahmen von Energieautonomie+ sind allein im Vorderwald 1.000 kWp jährlichen PV-Zubaus erforderlich.
Das nächste Fachforum Strom & Wärme findet im Frühsommer 2022 statt. Damit Sie es nicht verpassen, abonnieren Sie am besten unseren Newsletter am Ende dieser Seite.