Stadtvilla aus dem Dornröschenschlaf geholt und Nachverdichtung im Mehrgenerationenhaus
Zwei besondere Sanierungsobjekte standen bei der Exkursion der Partnerbetriebe im Feldkirch im Fokus: Eine rund 100 Jahre alte Stadtvilla und der Biohof Ehrne - ein Musterbeispiel für Nachverdichtung.

Stadtvilla im Dornröschenschlaf
Üppig zugewachsen, scheint das Haus aus dem Jahr 1920 - das erste Ziel der Besichtigung nahe des LKH Feldkirch gelegen, noch immer im Dornröschenschlaf zu liegen. Das ursprüngliche Gebäudebild wurde erhalten, die Sprossenfenster mit den aufgefrischten Fensterläden nur die Dacheindeckung wurde mit Flachfalzziegeln ausgeführt – aber sehr gelungen auf Basis des Konzepts von Sanierungslotse Kai Längle (Partnerbetrieb Natürlich bauen) saniert.
Denn es wurde energieeffizient gedämmt, die Fenster wurden ausgeschnitten und auf die neue Dämmebene aufgesetzt und das Dach neu eingedeckt. Und auch drinnen ist längst alles anders, wie Projektleiter Wolfgang Mathis, vom ausführenden Generalunternehmen und Partnerbetrieb Hilti & Jehle, beim Gang durch die vier Etagen zeigt. Da das Gebäude vom Land Vorarlberg als „erhaltenswürdig“ eingestuft wurde, konnten die Bauleute höhere Förderungen erhalten.
Hier wird die junge Familie künftig auf insgesamt 200 m2 leben. Denn im Zuge der thermischen Sanierung wird auch das vorher brachliegende Dachgeschoss mit der Beteiligung von Partnerbetrieb Lins Dach zu Wohnraum. Mit zwei neuen großen Dachfenstern eignet es sich nun als Studio bzw. Ausbauraum.
Charakter erhalten. Wohnraum erweitert.
Die 60°-Dachschräge eröffnet ausreichend Platz. Das einstige Ziergebälk mit Gefachen konnte im Charakter erhalten werden. Die Balken wurden statisch verstärkt und mit Zellulose ausgeblasen.
Dazu haben die Zimmerleute im Vorfeld die früheren Holznägel vorsichtig gezogen und anschließend das Gebälk wieder neu aufgebaut.
Gedämmt wurde das besondere Stadthaus mit einem Wärmeverbundsystem mit 10 cm Holzweichfaserplatte, die Decken sind jetzt abgehängt und mit 10 cm Mineraldämmung zugleich schallgedämmt.
Beim Wandaufbau hat man sich für eine Schilfmatte entschieden, darauf die Wandheizung und schließlich ein Lehmputz. Gekühlt wird passiv.
Als Heizung kommt in Zukunft eine Luftwärmepumpe zum Einsatz. Und auch ein Kachelofen im Erdgeschoss, ausgeführt von Partnerbetrieb Müller Ofenbau ist Teil des Hauses.
Der Keller blieb bis auf eine Nasszelle mit WC und Dusche sowie Zugang von außen nahezu unverändert. Jedoch wurde die Decke unter dem Ofen unterfangen, um die statische Belastung durch den Ofen zu berücksichtigen.
Blick fürs Detail. Feingefühl für den Bestand.
Mit Feingefühl für den Bestand wurden auch Details aufgegriffen, die mancher vielleicht ohne Projektleiter Wolfgang Mathis nicht entdeckt hätte: Dazu gehört die aufgesetzte Sandsteinverblendung von sto GmbH, die das ursprüngliche Gebäudebild unterstreicht.
Das Treppenhausgeländer steht unter Bestandsschutz. Weil aber die Versicherung nicht greift, denkt man über eine Kaschierung mit Glas nach. Und die Decke im Bad des ersten Obergeschosses ist rund verputzt, wie unter einem Tonnendach – angelehnt an die Form der benachbarten Garage.
„Die Wünsche der Bauleute mit dem Bestand zu vereinbaren ist die größte Herausforderung bei diesem Projekt.“
Wolfgang Mathis, Hilti & Jehle
Weiter ging es für die teilnehmenden Partnerbetriebe ins benachbarte Feldkirch-Gisingen, wo sich das zweite Sanierungsobjekt der Besichtigung befindet:
Drunter und drüber im Mehrgenerationenhaus.
Der Biohof Ehrne ist ein Musterbeispiel für Nachverdichtung mitten in der Stadt und gewachsene Strukturen, die sich doch aufbrechen lassen, wenn man so flexibel bleibt wie Architekt und Partnerbetrieb David Längle. Er hat das bestehende Wohn- und Geschäftshaus umfassend saniert und neu strukturiert – und das während des laufenden Geschäftsbetriebs. Denn auch ein Bioladen ist Teil des Hauses.
Der frühere „Schopf“ im ersten Obergeschoss wurde entfernt und durch einen modernen Holzbau ersetzt. Denn mit Blick auf die Substanz und in Zusammenarbeit mit Marte Holzbau fiel die Entscheidung auf einen Neuaufbau, der sich mit der Holzfassade harmonisch an den Altbestand anpasst. Dabei sind zwei neue Wohnungen für die Töchter der Familie entstanden. Dadurch gibt es nun die Möglichkeit das Gebäude als Mehrgenerationenwohnen inkl. Betrieb unter einem Dach zu vereinen.
„Herausforderungen waren die vielen verschiedenen Höhen und Durchbrüche im Haus.“
Architekt David Längle
Ein neuer eingeschossiger Anbau für ein separates Büro ist hinzugekommen – und bildet zugleich Basis für die darüberliegende Terrasse einer der Wohnungen. Die zweite Wohnung, erreichbar über ein Podest zum Höhenausgleich, hat ihre eigene Dachterrasse. So hat jede Wohneinheit ihre eigene Privatsphäre.
Die Grundrisse sind äußerst individuell. So gelangt man etwa über eine offene Holztreppe auf eine höher gelegene Wohnebene – und von dort über einen Stahlbrücken-Zugang auf die Dachterrasse.
Zwei große Schubladen unter dem Zugangspodest sind die raffinierte Lösung, um den Wohnbereich aufgeräumt zu halten.
„Ich hatte einen Riesenstapel an Detailnotizen“, erinnert sich David Längle, der viele Entscheidungen im laufenden Prozess getroffen hat. „Es hat sich im Prozess gefügt“. Und das passt zur Geschichte des Hauses, das immer wieder gewachsen ist, nach dem jeweiligen Bedarf, und jetzt doch die ursprüngliche Form wahrt, auch wenn sich hinter der Fassade vieles verändert hat. „Das Bestandshaus ist ursprünglich rund 100 Jahre alt und das darf man auch sehen.“
Weniger als die Hälfte des Heizbedarfs. Und Nutzfläche verdoppelt.
Eine Luftwärmepumpe auf dem Dach ersetzt die frühere Stückholzheizung. Wo möglich, ist Fußbodenheizung verlegt, an anderer Stelle hat man sich für eine Wandheizung, kombiniert mit Lehmputz, entschieden. Die neuen Wohnungen sind sehr offen gehalten, um das gegebene Volumen bestmöglich zu nutzen, teils mit Sichtholzdecke und großen Fensterflächen. Der Warmdachaufbau ist mit Massivholzplatten erfolgt.
„Ich find’s immer wieder interessant, auch wenn ich schon viele Bestandsbauten berechnet und besichtigt habe. Zwei neue Wohnungen mit Terrassen, modernes Heizsystem. Da hat der Architekt gute Arbeit geleistet“, findet Energieberaterin Waltraud Amann (Raumgut Immobilien) beim Rundgang. „Man lernt nie aus.“
Auf allen Ebenen gelungen, so lässt sich die Exkursion zu den Sanierungsobjekten in Feldkirch gut beschreiben.
Die beteiligten Betriebe Hilti & Jehle, Architekt David Längle, Müller Ofenbau, Lins Dach, Natürlich bauen, Marte Holzbau, sto GmbH
sind Mitglied der Partnerbetriebe Traumhaus Althaus. Erfahren Sie mehr über die Sanierungsspezialist*innen: www.partnerbetrieb.net
Text: Jutta Metzler, bessere texte