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Stellungnahme zum ElWG-Entwurf

Das Elektrizitätswirtschaftsgesetz ist quasi ein neues "Betriebssystem" für den Strommarkt. Es hilft bei der Entwicklung eines klimaneutralen Stromsystems und wird von uns deshalb ausdrücklich begrüßt. Trotzdem bleiben Kritikpunkte, die wir in einer Stellungnahme eingebracht haben.

Die Ziele des neuen Elektrizitätswirtschaftsgesetzes sind laut der Website des Parlaments:

  • Modernisierung des elektrizitätswirtschaftlichen Regelungssystems und Anpassung an neue Entwicklungen)
  • Verbesserung und Stärkung der Rechte und des Schutzes von Endkundinnen/Endkunden im Elektrizitätsbereich
  • Herstellung der Kohärenz mit dem Fördersystem des Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes 
  • Gewährleistung einer sicheren Elektrizitätsversorgung
  • Gewährleistung der Transparenz und Integrität des Energiegroßhandelsmarkts
  • Schaffung der Grundlagen für die statistische Erfassung und Beobachtung von Energiearmut

Details dazu, den vollständigen Entwurf des Gesetzestextes und die eingelangten Stellungnahmen finden Sie auf der Website des österreichischen Parlaments.

Stellungnahme des Energieinstitut Vorarlberg zum Begutachtungsentwurf des Elektrizitätswirtschaftsgesetzes

Das Elektrizitätswirtschaftsgesetz schafft wichtige Voraussetzungen zur Entwicklung eines klimaneutralen Stromsystems und wird deshalb ausdrücklich begrüßt. Es wirkt wie ein neues „Betriebssystem“ für den Strommarkt und fördert den Eigenverbrauch, die intelligente Nutzung eigener PV-Anlagen und damit langfristig die Entlastung und Stabilisierung der Netze. Zu folgenden Anliegen bezüglich des Begutachtungsentwurfs vom 03.07.2025 möchten wir um Berücksichtigung ersuchen:

 Positiv werden im aktuellen Entwurf folgende Punkte gesehen:

  • Vereinfachte und schnellere Netzzugänge für Ökostromanlagen
  • Verpflichtung zur Erstellung mehrjähriger Netzausbaupläne für Netzbetreiber
  • Möglichkeit, Betriebe im näheren Umfeld in EEGs aufzunehmen
  • Ermöglichung von Peer-to-Peer-Stromlieferverträge als Alternative zur Gründung von EEGs
  • Ermöglichung zur Errichtung von Direktleitungen zwischen Erzeugungsanlagen und Unternehmen
  • Schaffung eines Rahmens für den Einsatz von batterieelektrischen Stromspeicher

Auch der neue Sozialtarif für finanzschwache Haushalte wird ausdrücklich begrüßt. 

Die im Entwurf vorgesehene Möglichkeit zur Begrenzung der maximalen Einspeiseleistung von Erzeugungsanlagen wird als grundsätzlich sinnvoll für die Netzsicherheit angesehen. Bezüglich der im Entwurf vorgesehenen Spitzenkappung auf bis zu 60% der Einspeiseleistung wäre es in der ersten Phase denkbar, den Wert der Spitzenkappung auf 70 % der netzwirksamen Leistung als sachgerechte Lösung anzusetzen. Durch die in Absatz (7) angeführte Evaluation kann nach zwei Jahren mit vorhandener Evidenz die Treffsicherheit der Maßnahme geprüft und ggf. (nach oben wie nach unten) angepasst werden. Dieses Vorgehen unterstützt einerseits die Ziele der Netzstabilität und gewährleistet andererseits Planungssicherheit sowie das Vertrauen der Bevölkerung in die Technologie.

Es müssen aber jedenfalls folgende Rahmenbedingungen eingehalten werden:

  • Beschränkung auf Neuanlagen (Bestandsschutz)
  • Spitzenkappung darf nicht pauschal, sondern nur kurzzeitig bei tatsächlichen Engpass-Situationen im Netz erfolgen

 Aus Sicht einer effizienten Netzintegration wäre es sinnvoll, auch für die Betreiber von Bestandsanlagen Lösungen zu schaffen, um die Ansteuerung zu etablieren. Dies soll jedenfalls auf Anreizen basieren, um nicht rückwirkend bereits getätigte Investitionen und damit das Vertrauen der Bevölkerung zu gefährden.

Kritisch wird die Möglichkeit gesehen, insbesondere bei PV-Anlagen zusätzliche Netzgebühren für die Einspeisung von PV-Strom zu verrechnen. 

Zwar ist das Ziel, netzdienliches Verhalten zu fördern, nachvollziehbar. Aus Sicht des Energieinstituts ist für die erforderliche Transformation unseres Energiesystems wichtig, dass durch solche Maßnahmen die Motivation und die Möglichkeit zur Beteiligung der Bevölkerung an der Energiewende nicht torpediert wird. Hier besteht die Gefahr, dass diese Gebühren Fehlanreize setzen und sich negativ auf den Ausbau erneuerbarer Energien auswirken. Im Sinne des Vertrauensschutzes sollten deshalb bereits bestehende Anlagen auch in Zukunft keine Netzgebühren bezahlen müssen. 

Auch bei Neuanlagen, insbesondere jenen im Privatbereich, in landwirtschaftlichen Betrieben oder bei Gemeinden, sollten Netzgebühren maximal bei großen, dezentralen Erzeugungsanlagen (> 30 kWp Einspeiseleistung) zum Einsatz kommen. Bei kleineren Anlagen kann die angestrebte Lenkungswirkung und Förderung des Eigenstromverbrauchs auch allein durch dynamische Tarife für die Energieeinspeisung erzielt werden.

Gerade weil in Vorarlberg die Zielsetzung verfolgt wird, PV-Anlagen vorwiegend auf Dachflächen und bereits versiegelten/bebauten Gebieten zu errichten, sollten es nach wie vor möglichst attraktiv bleiben, auch kleine und mittelgroße Anlagen auf Bestandsgebäuden zu errichten und zu betreiben. 

Sehr kritisch gesehen wird die vorgesehene Verpflichtung für Erneuerbare Energiegemeinschaften (EEGs) mit öffentlicher Beteiligung zur Belieferung von schutzbedürftigen Haushalten.

Hier wird befürchtet, dass ein sehr hoher bürokratischer Aufwand ohne nennenswerte sozialpolitische Wirkung erzeugt wird. Stichwort: Feststellung der Schutzbedürftigkeit, Nachweis der Liefermengen, Festlegung des Energiepreises, …

Die Regelung könnte in der Praxis dazu führen, dass Gemeinden nicht an EEGs beteiligt werden oder sich selbst nicht beteiligen wollen. Das Instrument der EEG, das im Handling sowieso schon aufwändig ist (Vereinsgründung, Registrierung, Verrechnung, Lastmanagement, ...) würde dadurch noch unattraktiver werden.

Die im Gesetzesentwurf vorgesehene Regelung, wonach Stromspeicher – je nach Richtung des Energieflusses – als Entnehmer oder Einspeiser behandelt werden sollen, führt zu einer unangemessenen Doppelbelastung durch Netzentgelte, Abgaben und Umlagen beim Laden wie auch bei der Rückspeisung ins Netz. Diese Systematik steht im Widerspruch zum erklärten Ziel, Stromspeicher als flexible, systemstabilisierende Elemente in das Energiesystem zu integrieren.

Eine solche doppelte Kostenbelastung würde die Wirtschaftlichkeit von Speicherlösungen erheblich beeinträchtigen und dringend notwendige Investitionen in diese Schlüsseltechnologie der Energiewende ausbremsen. Dabei bieten Speichertechnologien vielfältige Vorteile für das Stromsystem – sie tragen zur Netzentlastung bei, erhöhen den Eigenverbrauch und damit die Versorgungssicherheit.

Um diesen Nutzen wirksam zur Entfaltung zu bringen, ist es notwendig, Stromspeicher nicht nach dem klassischen Schema von Erzeugern und Verbrauchern zu behandeln. Vielmehr sollten sie eigenständig kategorisiert und regulatorisch als systemdienliche Sonderkomponenten anerkannt werden.

In der aktuellen Einführungsphase sollte angedacht werden vorerst auf jegliche Netzgebührenpflicht zu verzichten, um die Attraktivität und Verbreitung dieser Technologie zu fördern und bezüglich Netzdienlichkeit zu lernen. Konkret wird vorgeschlagen, Speicheranlagen bis zu einer Größe von 40 kWh pauschal von Netzentgelten auszunehmen. Damit würde ein klarer Anreiz für den verstärkten Einsatz geschaffen – als Pull-Faktor für netzdienliche Innovationen im Stromsystem der Zukunft.

Flankierende Maßnahmen

  1. Aus Sicht des Energieinstituts sollten flankierend zur Einführung des ElWG breite Beratungsangebote zur Optimierung des Eigenstromverbrauchs geschaffen werden. 
  2. Außerdem sollten gezielte Anreize oder Förderungen zur Nachrüstung von bestehenden Ökostromanlagen mit systemdienlich betriebenen Stromspeichern ins Leben gerufen werden, um die Netzbelastung zu reduzieren und die Erzeugung von Ökostrom besser mit der Nachfrage zu synchronisieren.
  3. Darüber hinaus sollten weitere Maßnahmen zum Ausbau der Kapazitäten für die Stromspeicherung gesetzt werden (tages- und Wochenspeicher, saisonale Speicherkapazitäten).