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Live im Betrieb bei Lustenauer Senf

Der 1911 gegründete und bereits in vierter Generation geführte Traditionsbetrieb Lustenauer Senf errichtete im Lustenauer Betriebsgebiet Heitere einen neuen Betrieb mit Büros, Schauraum und Shop. Der neue Standort zeigt sich in all seinen Facetten energieeffizient: Außen, Innen – und auf dem Dach. Und beweist, dass auch Kleinunternehmen einen Beitrag zum nachhaltigen Produzieren erbringen können.

Energieinstitut Vorarlberg
Hereinspaziert!, heißt es hier bei Lustenauer Senf. Nicht nur der Eingangsbereich des nachhaltig errichteten Gebäude wird bald begrünt sein.


Gastgeber Stefan Bösch (Lustenauer Senf) sowie Stefan Roßkopf-Nachbaur (enercret), Gudrun Sturn (Frausturn) und Julia Kick (Julia Kick Architekten) führten um und durch den Neubau der Firma Lustenauer Senf. Und ermöglichten den teilnehmenden Unternehmer*innen von Live im Betrieb nicht nur einen umfassenden Einblick in die naturnahe Gestaltung des Außenbereichs, die Verwendung ökologischer Materialien und wirtschaftliche Energielösungen ihres Firmengeländes, sondern auch in deren Produktionsprozesse.  

Holzkubus mit Raumreserven und (Produkt)kreisläufen

Unser Bestreben war es, so ökologisch und umweltfreundlich, wie nur möglich zu bauen.
Stefan Bösch, Geschäftsführer Lustenauer Senf

Für Geschäftsführer Stefan Bösch war von Anfang an klar, dass der Neubau so ökologisch wie möglich gestaltet werden würde - aus Überzeugung für den Umwelt- und Klimaschutz. Eine ursprünglich angedachte Variante aus Holz-Lehm hatte sich nicht durchgesetzt, auch eine Variante mit Schnittholz ist am Faktor Zeit gescheitert. 

Die Materialisierung des Neubaus sollte wie der Senf ein Naturprodukt sein und für die kommenden Generationen die Basis für die Senfproduktion bilden. 
Julia Kick, Kick Architekten

Entstanden ist so ein simpler, einladender Kubus inklusive kontrollierter Be- und Entlüftung. Ein hinterlüfteter Holzschirm, großzügige Fensterflächen und begrünte Dachflächen prägen das äußere Erscheinungsbild. Im Innenraum bleibt der Holzskelettbau, der durch ein schmales, quadratisches Achsmaß gegliedert ist. Sichtachsen ermöglichen einen freien Blick von der Produktion ins Büro und in den Verkauf. Ausreichend Raumreserven sorgen dafür, dass das Gebäude flexibel bleibt - um für etwaige Veränderungen gewappnet zu sein.  

Der Neubau ermöglicht zwei Kreisläufe: Zum einen für die Besucher*innen, die bei ihrem Rundgang mit viel Durch- und Einblick durch das gesamte Gebäude geführt werden. Und zum anderen für das Produkt selbst: Dieses wird hinten angeliefert, von dort durch Produktion und Verpackung geführt und findet seinen Weg dann wieder zurück nach hinten zur Auslieferung. Sprich: die natürliche Entwicklung des Senfs - von der Saat bis zur Ernte - geht im neuen Gebäude nun vom Rohwarenlager über die Senfwaage, Mühle, Meische und bis zur Abfüllung weiter. 

Mehr Informationen zur Architektur.

Gepflegtes Wild: Naturnah gestaltetes Firmengelände 


Das neue Betriebsgebiet Heitere steht auf Riedboden und ist demgemäß von Seiten der Marktgemeinde Lustenau mit sehr hohen ökologischen Auflagen belegt worden. Landschaftsarchitektin Gudrun Sturn hat in enger Zusammenarbeit mit Architektin Julia Kick die Gestaltung der Außenflächen übernommen - weil Architektur für "Außen nicht dieselbe ist, wie für Innen".  Und setzte nicht nur mit "gepflegtem Wild“ auf mehr Biodiversität.

Die Naturnahe Begrünung macht weniger Arbeit als die konventionelle.
Gudrun Sturn, Landschaftsarchitektin

Das naturnah gestaltete Firmengelände schafft mit seinen ökologischen Nischen nun nicht nur Lebensräume für Flora und Fauna, sondern auch einen Beitrag zur Klimawandelanpassung. Mit Wildsträuchern, blühenden Wiesen und Fassaden wird das Gelände (auch für Besucher*innen) zum Hingucker. Rankgerüste vor den rückversetzten Fassaden lassen das Grün der Dächer entlang der Fassade weiterwachsen. So soll Schatten für die Dachterrasse gespendet werden. Eine Kombination aus Gründach (Umsetzung durch Partnerbetrieb Weiss+Appetito) und PV-Anlage (Umsetzung durch Partnerbetrieb BK-Photovoltaik) auf dem Flachdach erhöht den Wirkungsgrad letzterer. Sogar ein Retentionsbecken als kleines Biotop fand dort seinen Platz.

Zur detaillierten Projektbeschreibung von Frausturn

Factbox Dach

  • 1338m² Nutzfläche
  • 1090m² überbaute Fläche
  • 1090m² begrünte Dachfläche, davon 243m² als Biodiversitätsdach
  • Photovoltaik: 162 Module, 324m² Generatorfläche, 69 kWp

Wirtschaftliche und gesicherte Energiequelle 

Eine Wärmepumpe, die mit Energiepfählen arbeitet, erlaubt nun Raumwärme und –kälte hocheffizient bereit zu stellen, erklärte Stefan Roßkopf-Nachbaur, Geschäftsführer der Firma enercret. Die Grundidee der Energiepfahltechnologie besteht darin, über die benötigten Fundierungselemente Wärme aus dem Untergrund zu gewinnen (Geothermie) und über geeignete Systeme für die Gebäudeheizung bereitzustellen. In umgekehrter Weise lässt sich dieses Prinzip auch zur Kühlung verwenden, indem überschüssige Wärme an den Untergrund abgegeben wird. Das Erdreich kann dabei die Funktion eines saisonalen Speichers von Kühl- und Heizenergie übernehmen.

Beim neuen Firmengebäude wurden 134, mit Erdsonden verlegte, Betonpfähle zu je 12 Meter Länge verlegt. Über zwei Schächte holt sich das Gebäude noch alles an Kälte und Wärme, was es benötigt.

Durch die gleichzeitige Nutzung der Pfähle für die Statik und die Energiegewinnung entstand eine äußerst wirtschaftliche Energiequelle.
Stefan Roßkopf-Nachbaur, Geschäftsführer enercret

Für Lustenauer Senf bedeutet das eine gesicherte Energiequelle – solange das Gebäude steht, ergänzte Stefan Roßkopf-Nachbaur.

Factbox Energiepfähle

  • Von gesamt 220 Pfählen wurden 134 Pfähle thermisch aktiviert.
  • Anzahl thermisch aktivierte Energiepfähle 134 Stk. à 12m = 1608 m
  • ca. 9200 lfm HDPE-Rohr Æ 20x2,0mm wurden verbaut
  • Mithilfe der Energiepfähle wurden über 14.000 m³ Erdreich thermisch aktiviert. Das sind theoretisch über 1400 LKW-Ladungen Erdreich.
  • Der saisonale Energiespeicher funktioniert wie eine Batterie; im Sommer wird überschüssige Wärme eingespeichert und im Winter für die Heizung wiederverwendet.
  • Durch die gleichzeitige Nutzung der Pfähle für die Statik und die Energiegewinnung entsteht eine äußerst wirtschaftliche Energiequelle.
  • ¾ der Heiz- und Kühlenergie kommt kostenlos aus den Energiepfählen.
  • Nur ¼ der Heiz- und Kühlenergie ist in Form von elektrischer Energie aufzuwenden


  • Heizleistung: 44 kW
  • Kühlleistung: 36 kW
  • Heizenergie (Raumwärme + Warmwasser): 105.600 kWh/a
  • Kühlenergie: 28.801 kWh/a

Ein bisschen Senf-Patriotismus 

Bei der exklusiven Führung wurde den Besucher*innen auch ein Einblick in Senf-Produktionsprozesse gewährt. Bloße 3 Personen, stemmen hier gemeinsam sowohl den Einkauf, die Produktion, als auch das Abfüllen und den Verkauf des Senfs. Die Rezeptur ist natürlich streng geheim. Was aber definitiv kein Geheimnis ist: In einer Tube stecken 6 Sorten. Und 1 Tonne Senfsamen (die einmal jährlich eingekauft wird) reicht für 5 Tonnen Senf.  Und, kleiner fun fact am Rande: damit werden 52 Tuben pro Minute, 1600 Tuben auf einer Palette, 30.000 Tuben pro Woche produziert.


Im neuen Betrieb wurde der Maschinenpark erweitert (eine Mühle aus den 70ern ist auch noch in Verwendung) – mit mehr Automatisierung wurde so auch die Produktionsmenge etwas erhöht. Die Idee zu expandieren besteht jedoch nicht. Mit dem funktionierenden System und seinen Abnehmer*innen (Hauptabsatz Vorarlberg) ist man nämlich rundum zufrieden. 

Ein kleiner Geheimtipp ganz zum Schluss: Richtige Senfpatriot*innen verstecken wohl auch gerne einmal in Ferienhütten eine Senftube, um beim nächsten Besuch wieder versorgt zu sein. Beim nächsten Hüttenbesuch vielleicht also einfach einmal einen Blick ins Gebälk wagen - Mahlzeit!

Live im Betrieb bietet Entscheider*innen einen Blick hinter die Kulissen von Vorarlberger Vorzeige-Unternehmen. Die Veranstaltung wurde in Zusammenarbeit mit Partnerbetrieb Traumhaus Althaus organisiert. Die beteiligten Betriebe BK-Photovoltaik und Weiss+Appetito sind Mitglieder des Netzwerkes Partnerbetrieb Traumhaus Althaus.