Klimawandelanpassung am Gebäude
Am Klimawandel und der entsprechenden Anpassung kommt keiner vorbei. Das 3. Sanierungsforum der Partnerbetriebe „Traumhaus Althaus“ widmete sich diesem Thema in der Firma Omicron in Klaus.
Die fünf Benefits der Dachbegrünung
Hier konnte eine Art der Klimaanpassung am Gebäude, die Dachbegrünung, nach hochinteressanten Expertenvorträgen live erlebt werden. Dementsprechend waren Betriebe geladen, für die Dachbegrünung eine Option sein kann, sowie Betriebe, welche diese praktisch umsetzen.
„Wir sind die erste Generation, die die Folgen des Klimawandels spürt – und wir sind die letzte, die etwas dagegen tun kann.“ Dieses Zitat vom ehemaligen US-Präsidenten, Barack Obama, fasst die Gefahren und gleichzeitig die Chancen des Klimawandels, der auch in Österreich immer deutlicher spürbar ist, zusammen.
Wir alle kämpfen mit immer häufigeren Tropennächten und langen Trockenphasen in den Sommermonaten und der eine oder andere war möglicherweise selbst schon von lokalen Starkregenniederschlägen mit entsprechenden Schäden betroffen. Da solche Ereignisse kaum weniger werden, muss es ein Umdenken und Anpassen sowie im Wohn- als auch im Gewerbe- und Industriebau geben.
Wie so eine Adaption aussehen kann, zeigt die Firma Omicron anhand ihrer bereits im Jahr 2000 begonnenen Dachbegrünung, die 2002 dann um eine Bachrenaturierung in der Firmenumgebung aus rein ökologischen Zwecken erweitert wurde.
Auf den Punkt gebracht:
Ökologie ganz oben - Dachbegrünung und naturnaher Außenraum bei Omicron
Manfred Vith, Firma Omicron
Omicron beschäftigt circa 900 Mitarbeiter aus ungefähr 40 verschiedenen Nationen weltweit. Durch die ansprechende und innovative Innen- und Außengestaltung des Hauptsitzes in Klaus wird ein ebenso Kreativität förderndes wie motivierendes Arbeitsumfeld geschaffen. Mit der Dachbegrünung entstand ein zusätzlicher Raum, der gleichzeitig Kommunikation fördert und Rückzugsmöglichkeiten schafft.
Tipp 1: Das Dach wird als attraktiver Arbeitsplatz genutzt und immer wieder durch Projekte neu belebt, was in weiterer Folge und unter anderem für Mitarbeiterbindung sorgt.
Tipp 2: Das begrünte Dach muss leicht zugänglich gemacht werden und die einzelnen Bereiche sollten verbunden sein, sodass Gespräche im Gehen stattfinden können.
Tipp 3: Unterstände sorgen im Sommer für Schatten und bei schlechter Witterung für Schutz vor Regen.
Die Kosten für die Dachbegrünung belaufen sich auf etwa € 70,- pro m2 Dachfläche.
Anpassung an den Klimawandel
Monika Forster, Energieinstitut Vorarlberg
Wissenschaftlich belegt ist der Klimawandel in vollem Gange und es bedarf deutlich mehr Anstrengung von Politik, Wirtschaft und jedem Einzelnen, um dessen Folgen in Grenzen zu halten.
Es braucht zwei Antworten auf den Klimawandel:
1. Klimaschutz (Maßnahmen, um den Ausstoß von Treibhausgasen zu verringern) und
2. Klimaanpassungen (Maßnahmen, um die unvermeidlichen Folgen des Klimawandels heute und in Zukunft zu bewältigen).
Durch das Kyoto-Protokoll von 1994 wurde das Ziel gesetzt, CO2-Emission zu reduzieren. Fakt ist jedoch, dass der Treibhausgasausstoß nach wie vor steigend ist. Hinzu kommt, dass Gase 10 bis 15 Jahre brauchen, um ihre volle Wirksamkeit zu entwickeln. Unsere Ausstöße werden also erst in circa 15 Jahren wirksam. Das heißt, wir haben darauf jetzt keinen Einfluss mehr. Der Klimawandel findet jetzt statt und die Entwicklungen bis 2050 können nicht mehr wesentlich durch unsere Klimaschutzmaßnahmen verändert werden. Der Klimahorizont von jetzt bis 2050 braucht als Konsequenz ein Auseinandersetzen mit den bereits spürbaren Folgen.
Auch beim Weltwirtschaftsforum wurde die größte Bedrohung für prosperierende Wirtschaft im Klimawandel gesehen. Ein Zitat des Klimafolgenforschers, Hans Joachim Schellnhuber, verdeutlicht dies:
„Wenn wir den Klimawandel nicht in den Griff bekommen, wenn wir das Schiff nicht über Wasser halten können, brauchen wir über Einkommensverteilung, Rassismus und guten Geschmack nicht mehr nachzudenken.“
Tipp 1: Es ist unumgänglich, Klimaveränderungen wie Starkregenereignisse, lange Trockenphasen, steigende Hitzetage und immer häufigere Tropennächte zu analysieren.
Tipp 2: Jede Investition im Bau ist auf Betroffenheit durch den Klimawandel zu überprüfen. Gebäude müssen hitze- und starkregentauglich geplant werden. Bei Erneuerungen von Außenanlagen muss eine entsprechende Beschattung geschaffen werden und der Anteil von Versickerungsflächen muss ausreichend bemessen werden.
Tipp 3: Es muss jedem bewusstgemacht werden, dass noch 8-10 Jahre Zeit sind, um die Weichen zu stellen und den Klimawandel auf ein menschenverträgliches Maß zu begrenzen und gleichzeitig muss bei großen Investitionen berücksichtigt werden, ob diese zum sich ändernden Klima passen, damit später nicht die Zeche dafür gezahlt werden muss.
Gebäude vor Hitze und Starkregen schützen
Sabine Erber, Energieinstitut Vorarlberg
Die konkreten Gefahren der Klimaveränderung für ein Gebäude und dessen Bewohner sind Überhitzung und Überschwemmung. Verhältnismäßig einfache Maßnahmen, die bereits bei der Gebäudeplanung und bei jeder Sanierung berücksichtigt werden sollten, verhindern ein zu warmes Raumklima oder oft sehr kostspielige Reparaturen aufgrund von Wasserschäden.
Überall wo Sonne durch Fenster auf Oberflächen trifft, kommt es zu Wärmeentwicklung und erhöht die Raumtemperatur merklich. Neben einer guten Dämmung, können auch vorstehende Elemente, sogenannte Augenbrauen, vor der Fassade angedacht werden, die die steilstehende Sonne brechen und somit direkte Einstrahlung vermeiden.
Auch mit Hilfe von Raffstores oder Fensterläden wird Überhitzung generell vorgebeugt, da die Sonne erst gar nicht auf Glasflächen treffen kann. Auch schattenspendende Laubbäume auf der Ost- und Westseite des Gebäudes schützen vor der Sonne. Einen abkühlenden Effekt hat eine Fassaden- oder Dachbegrünung aufgrund ihrer Verdunstungskälte.
Vermehrte Starkregenfälle müssen planungstechnisch unbedingt bedacht werden, da diese enorme Schäden, sowohl an der Bausubstanz und Inneneinrichtung, als auch finanziell hohe Belastungen verursachen. Eine Elementarversicherung deckt Reparaturkosten nur einmal ab, eine dauerhafte Versicherung ist nicht möglich.
Wasser muss also einerseits vom Haus weggeführt werden und anderseits muss ein Schutz vor Rückstau gewährleistet sein.
Tipp 1: Bei Parkplätzen oder Vorplätzen muss ein Gefälle vom Haus weg angelegt werden und schützende Rinnen sollten breiter und tief genug sein, um viel Wasser in kurzer Zeit abführen zu können. Tiefpunkte wie Eingänge zum Keller müssen mit Aufkantungen geschützt werden. Vor Tiefgaragen sollten Schwellen oder Rinnen für Wasserableitung sorgen
Tipp 2: Um Rückstau aus der Kanalisation zu umgehen, müssen die Rückstauklappen entsprechend stark genug ausgewählt werden. Auch Hebeanlagen müssen durch Rückstauklappen geschützt werden, damit das Wasser nicht durch die Sanitärobjekte ins Gebäude eindringen kann.
Tipp 3: Heute werden Abdichtungen 15 cm hoch ausgeführt. Eine Erhöhung um weitere 10 cm schützt im Starkregenfall vor Schäden und eindringendem Wasser.
Naturvielfalt im Betrieb
Katrin Löning, Pulswerk
Ein weiterer Aspekt der Klimaerwärmung ist der Rückgang der Biodiversität. Seit 1970 hat sich der Tierbestand weltweit um 60% verringert. Um dies an einem konkreten Beispiel festzumachen, wurde in einem westdeutschen Naturschutzgebiet innerhalb der letzten 30 Jahre ein Insektenrückgang von 75% verzeichnet, was wiederum Auswirkungen auf Kleintiere und Vogelarten hat. Die sogenannte Rote Liste, die den Artenrückgang sichtbar macht, wächst bedauerlicherweise jährlich.
Natur ist für alle überlebenswichtig, deshalb sollte ihr auch beim Bau Platz eingeräumt werden. Einerseits sollte die Reife eines Lebensraumes beachtet werden, also beispielsweise eine Streuobstwiese erhalten und um alte Bäume herumgebaut werden, um deren Schatten nutzen. Andererseits müssen neue Lebensräume geschaffen werden, um Naturvielfalt zu fördern, was unter anderem durch Dach- oder Fassadenbegrünung geschehen kann.
Begrünung schafft nicht nur Lebensraum, sondern senkt Energiekosten, gewährleistet Materialschutz, da durch die Bepflanzung geringere Temperaturschwankungen stattfinden und UV-Strahlung abgehalten wird. Pflanzen wirken dämmend und kein Starkniederschlag kann auf die Fassade treffen.
Je nach Statik gibt es diverse Möglichkeiten für den Aufbau einer Dachbegrünung z.B. nährstoffreicher Boden oder Magerboden mit Kiessubstrat. Bei Leichtbauweise kann beispielsweise weniger Substrat mit Heu und Schnittgut aus einer Magerwiese kombiniert werden. Wichtig ist eine vorhergehende Planung vom Fachmann. Variabilität beim Substratkies, offene Bereiche mit Sand und Kies, ebenso Steinhaufen, Totholz, Wasser und lokales Wildpflanzensaatgut kreieren einen Lebensraum für Insekten und Vögel und sorgen gleichzeitig für eine höhere Lebensdauer als bei einem Kiesdach.
Tipp 1: Trittsteinbiotope, Fassaden- und Dachbegrünung schaffen Lebensraum für Wildbienen, Zaunkönige, Spatzen und viele andere.
Tipp 2: Weniger Mähen und in Gartenbereichen Brennnesseln stehen lassen, gibt Insekten wie z.B. dem Tagpfauenauge Möglichkeiten, seine Larven abzulegen.
Tipp 3: Es gibt enormes Potenzial gerade bei Betrieben, die riesige Dachflächen haben. In den Schweizer Städten Basel und Zürich muss beispielsweise jeder Neubau mit Flachdach zwingend begrünt werden, womit grüne Inseln mitten in der Stadt geschaffen werden.
Fazit:
Das Einplanen von weiteren Klimaveränderungen in den nächsten Jahren beim Neubau ist ein Muss. Vorausplanung bezüglich Fenster, Beschattung oder die entsprechende Statik für eine Dachbegrünung sind wichtig, um so einen Beitrag zur Schaffung und Erhaltung von Lebensraum und Natur zu leisten. Gleichzeitig wird auch für den Menschen, egal ob am Arbeitsplatz oder im privaten Wohnen, Qualität und Wohlfühlen erreicht.
Stimmen:
„Dachbegrünung ist ein aktuelles Thema, das die Zukunft sein wird. Als ausführender Betrieb muss man sich auch mit den Hintergründen befassen und Argumente und Fakten auch an den Kunden weitergeben. Aus unserer Sicht sind begrünte Dächer sehr sinnvoll.“ Susanne und Joachim Entner, Entner-Dach GmbH & Co KG
„Für mich hat ein begrüntes Dach nur Vorteile für die Langlebigkeit des Daches, sowie für dessen Optik. Meiner Meinung nach sollte eine Dachbegrünung für neue Flachdächer auch eine zu erfüllende Maßnahme werden.“ Markus Hämmerle, Dachdeckermeister
„Sehr interessant und seit langem ein Thema. Hoffentlich kommt die Dachbegrünung wieder mehr!“ Vito Mussner, MUVI GmbH Architektur und Energieberatung
Diese Veranstaltung wird im Zuge von GreenSan durchgeführt. GreenSan ist ein Projekt von Energieinstitut Vorarlberg, Energie- und Umweltzentrum Allgäu (eza!), Klimaschutz- und Energieagentur Baden-Württemberg (KEA), Energieagentur Ravensburg, Energieagentur St. Gallen und der baubook gmbh. Es wird gefördert von der Europäischen Union im Rahmen von Interreg Alpenrhein-Bodensee-Hochrhein und der Energieautonomie Vorarlberg.