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Krumbach – ein Beispiel für aktive kommunale Bodenpolitik

Ohne gute Bodenpolitik keine Baukultur. Denn ein gutes Bauwerk an einem ungeeigneten Standort ist eben nur in der Betrachtung als Einzelobjekt ein gutes Bauwerk.

LandLuft

Basis einer vorbildhaften Bodenpolitik stellen gewissenhafte, qualitätsvolle örtliche Entwicklungskonzepte und Flächenwidmungsplanung, Überlegungen zu Rückwidmung von Baulandüberschüssen sowie der weitgehende Verzicht auf Neuwidmungen dar.

Eine aktive Bodenpolitik durch die Gemeinde umfasst einerseits den vorausschauenden Flächenankauf für kommunale Projekte sowie für den Weiterverkauf, soweit dies für die räumliche Entwicklung sinnvoll und notwendig ist. Der Flächenankauf kann auch im Zwischenerwerb mit der Absicht eines Flächentauschs erfolgen. Andererseits geht es um die aktive Steuerung der Siedlungsentwicklung sowie um die Mobilisierung von Bauland, sofern es Bedarf gibt und nur in den Gebieten, in denen es räumlich sinnvoll scheint.

Kurz: Sicherung im Ortskern, Beschränkung draußen. Zentral ist, bei jeder Bauaufgabe zuerst einmal zu ermitteln, ob die geforderten Nutzungen im Bestand möglich sind und inwiefern die Gemeinde dabei eine Vermittlerrolle spielen kann.

In kaum einer anderen Gemeinde wurden diese Punkte so gewissenhaft berücksichtigt wie in Krumbach im Bregenzerwald. Da in den 1970er-Jahren ohnehin nicht allzu viel Bauland gewidmet worden war, gab es keine langwierigen Rückwidmungsverfahren.

Seit Jahren gibt es keine Neuwidmungen mehr im Grünland, auch wenn das bei Bauwerbern zu Enttäuschung führt und für Gemeindepolitiker*innen eine Herausforderung darstellt. Neuwidmungen gibt es nur bei Baulücken und geringfügigen Erweiterungen innerhalb der Siedlungskerne.

Wie Arnold Hirschbühl, der von 1995 bis 2018 Bürgermeister war, immer wieder betont: „In den vergangenen siebzig Jahren ist so viel Land zugebaut worden wie in der gesamten Siedlungsgeschichte unserer Gemeinde nicht.“

Um dieser Entwicklung einen Riegel vorzuschieben, beschränken sich Neubauten (mit Ausnahme von Betrieben) nunmehr möglichst auf Freiflächen innerhalb und im Umfeld des Ortskerns. Auch im Ortskern werden nicht alle Freiflächen bebaut, damit Spielraum für kommende Generationen bleibt. Es gibt keine Baulandmobilisierung für Einfamilienhäuser, sondern stattdessen ein breites Angebot an alternativen Wohnformen. Denn Fälle, in denen einzelne ältere Menschen in viel zu großen Häusern leben und mit der Pflege von Haus und Garten überfordert sind, gäbe es genug. „Wenn die Gemeinde vorangeht, indem sie gut gestaltete Einrichtungen und Wohnmöglichkeiten im Ort schafft, dann gehen auch die Leute mit. Von selbst passiert so etwas normalerweise leider nicht“, so die Erfahrungen des langjährigen Bürgermeisters.

Ortsentwicklung

Was Gemeinden umsetzen können, ist untrennbar damit verbunden, welche Grundstücke oder Gebäude sie zu Verfügung haben. Die Vorarlberger Gesetzgebung ist in der Hinsicht – und sicher mit gutem Grund – sehr streng, was den Verkauf von landwirtschaftlichen Flächen an Nichtlandwirte betrifft. Erst in jüngster Zeit haben hier Gemeinden etwas mehr Spielraum. Aktuell ist in Krumbach die Erweiterung eines Betriebsgebiets in Vorbereitung.

Bereits vor Jahren gelang es der Gemeinde, einen landwirtschaftlichen Betrieb zu erwerben, der bis jetzt allerdings nicht entwickelt wurde, sondern als Bodenreserve für einen möglichen Grundtausch dient. Als die Planung des sogenannten Dorfhus’ in Angriff genommen wurde, kam die Gemeinde über einen geschickten Grundtausch an ein geeignetes Grundstück. So konnte über die Jahre entlang einer Strecke von rund 200 Metern mitten im Ortskern ein Ensemble entstehen, das unter anderem das Pfarrhaus, das Gemeindehaus, das Dorfhus, eine zentrale Bushaltestelle und ein Generationenwohnprojekt umfasst. Zu Abrissen kam es dafür nur nach eingehender Prüfung, wenn der Bestand weder erhaltenswert noch sanierungsfähig war. Das 1999 eröffnete Dorfhus beherbergt ein Lebensmittelgeschäft, einen Friseursalon, eine Bank, ein Café und acht Wohnungen. Das Pfarrhaus wurde zu einem gemeinsamen Haus für die Pfarre, für Musikproben, Veranstaltungen und eine großzügige öffentliche Bücherei.

Als sich im Ortskern die Gelegenheit bot, auf einem freiwerdenden Grundstück ein Wohnprojekt zu realisieren, wurde es in Kooperation zwischen einem privaten Wohnbauträger und der Genossenschaft der Wohnbauselbsthilfe umgesetzt. In weiterer Folge entstand ein Generationenwohnprojekt, ebenfalls im Ortskern.

In Bauprojekten, in denen sie nicht selbst Auftraggeber ist, übernimmt die Gemeinde die Vermittlerrolle, damit Synergien möglichst gut genützt werden. Alle Projekte wurden in Beteiligung der potenziellen zukünftigen Nutzerinnen und Nutzer bzw. der interessierten Öffentlichkeit erarbeitet. Gute Erfahrungen machte man in Krumbach auch mit dem Beteiligungsverfahren des Bürger*innenrats, bei dem die Mitwirkenden per Zufallsprinzip ausgewählt werden. Auch diese Expertise und Offenheit gegenüber der Einbindung der Bürgerinnen und Bürger gehört zum Krumbacher Weg.

Aktive Bodenpolitik ist Bodenschutz

In Krumbach ist dafür die Gestaltung des Moorraums ein plastisches Beispiel. Die örtlichen Gastronomen wünschten sich anfänglich einen Badeteich. Nach einem Bürgerbeteiligungsprozess wurde ein extrem reduziertes Projekt realisiert: ein hölzerner Rastplatz (der Moorraum) sowie mehrere Bänke mit integrierten Informationstafeln. Das Moor selbst wurde möglichst nicht angerührt.

Beitrag von DI Judith Leitner

Links & Literatur

Quelle:

Mag.arch. Bernhard Rihl, MSc, DI Judith Leitner: Potentiale der Oö. Raumordnungsgesetz-Novelle 2020 - Studie über Chancen, Risiken und Potentiale einer Novelle des Oö. Raumordnungsgesetzes 1994 (Oö. ROG 1994) im Auftrag der Oö. Umweltanwaltschaft. (Linz, 2020)

Empfehlung: Buch „Boden g’scheit nutzen!“

Der Verein zur Förderung von Baukultur in ländlichen Räumen LandLuft vergibt den Baukulturgemeinde-Preis. Der Fokus der Vereinstätigkeit ist die Baukulturvermittlung mittels Best Practice Beispielen auf kommunaler Ebene. 2021 stand der Baukulturgemeinde-Preis unter dem Motto „Boden g’scheit nutzen!“. Die preisgekrönten Gemeinden werden in der gleichnamigen Publikation präsentiert.