So gelingt nachhaltiges Bauen in der Gemeinde
Das wäre der Idealfall: Präzise definierte Anforderungen der Gemeinde führen zu einem bedarfsgerechten, architektonisch hochwertigen Gebäudeentwurf. Er wird durch lokale Handwerksbetriebe realisiert, die regionale Materialien verwenden. Das fertige Gebäude zeichnet sich durch einen minimierten Einsatz grauer Energie aus und benötigt auch in der Nutzungsphase kaum Energie. Es trägt zur Identität des Ortes bei, altert in Würde und bleibt über viele Jahre hinweg frei von Mängeln.
Die Verwirklichung dieses Ideals sollte nicht dem Zufall überlassen werden, sondern ist eine Konsequenz von sorgfältig gestalteten Prozessen. Die 10 aus unserer Sicht wichtigsten Schritte haben wir für Sie zusammengestellt:
- Frühzeitige Bürgerbeteiligung ermöglichen
- Qualifizierte Planungsbüros auswählen
- Einfluss auf die Baukosten nehmen
- Kommunalgebäudeausweis erstellen
- Kluge Planungsschritte und Berechnungen durchführen
- Ökologische Ausschreibung und Produktdeklaration
- Ökologische Bauaufsicht sicherstellen
- Die Innenraumluftqualität kontrollieren
- Förderabwicklung durchführen
- Erhalten, was man bestellt hat!
Und nun im Detail:
1) Frühzeitige Bürgerbeteiligung ermöglichen
Es lohnt sich, die Bevölkerung frühzeitig in Entscheidungen einzubeziehen, um späteres Unverständnis oder Widerstände zu vermeiden. In vielen Vorarlberger Gemeinden werden die Bürgerinnen und Bürger rechtzeitig informiert und an Projektgruppen beteiligt. Diese Gruppen können aus verschiedenen Mitgliedern bestehen, darunter die politischen Parteien des Gemeinderats, lokale Fachleute und verschiedene Nutzergruppen. Die Einrichtung und Organisation der Gruppen ist Aufgabe der Gemeinde und damit oft des Bürgermeisters.
2) Qualifizierte Planungsbüros auswählen
Die Auswahl von Architekten und Fachingenieuren ist die nächste Aufgabe. Die Architekten sollten Erfahrung mit derartigen Bauaufgaben haben und gut mit den Bauherren kommunizieren können. Wettbewerbe bieten das größte Potenzial, um die beste Lösung für ein bestimmtes Grundstück zu finden. Ein gut abgestimmtes Raumprogramm und eine professionelle Ausschreibung sind entscheidend für den Erfolg des Wettbewerbs. Vorteilhaft ist es, wenn die Fachingenieure und Architekten in anderen Projekten schon erfolgreich als Team gearbeitet haben.
3) Einfluss auf die Baukosten nehmen
Die Kosten eines Gebäudes hängen eng mit den gewünschten Qualitäten zusammen. Je früher eine Gemeinde in der Lage ist, alle Anforderungen zu benennen, desto früher können realistische Kostenschätzungen aufgestellt werden. Am größten ist die Einflussmöglichkeit auf die Kosten während der Entwurfsphase. Entscheidende Faktoren sind hier die Größe und Kubatur des Gebäudes, der Fensterflächenanteil und die Konstruktionsart. Mit fortlaufendem Planungs- und Bauprozess lassen sich die Kosten immer weniger beeinflussen. Energieeffiziente und ökologische Gebäude haben möglicherweise höhere Investitionskosten, dafür aber günstigere Betriebskosten. Sie sind für die Gemeinde über die Lebensdauer oft wirtschaftlicher, weil höhere Förderungen bezahlt werden und die Betriebskosten gering sind. Werden zum Planungsbeginn alle Fachplaner über alle Anforderungen informiert, kann integral gearbeitet und ein wirkungsvolles Kostenmanagement durchgeführt werden.
4) Kommunalgebäudeausweis erstellen
Parallel mit der ersten Kostenschätzung entsteht ein Entwurf für den Kommunalgebäudeausweis (Ziel-KGA). Hier werden in Kurzform die Planungsziele aus dem ökologischen Programm berücksichtigt und mit Punkten bewertet, damit die erreichbare Zusatzförderung erkennbar wird. Der fertige Entwurf wird oft im Gemeinderat vorgestellt und gilt dann als Zielvorgabe. Über den gesamten Planungs- und Bauprozess werden die Kosten und die gewünschten Qualitäten immer wieder angepasst. Der Kommunalgebäudeausweis, der nach Fertigstellung als Nachweis für die Ausschüttung der Zusatzförderung gilt, hat dient während des Bauprozesses der Qualitätssicherung. Details zum Kommunalgebäudeausweis finden Sie hier.
5) Kluge Planungsschritte und Berechnungen durchführen
In Zusammenarbeit der Gemeinde mit den Planern wird die Entwurfs- und die Ausführungsplanung energetisch und ökologisch optimiert. Bald nach Planungsstart werden die ersten Energieausweise berechnet und etwas später eine Ökoindex-Berechnung der grauen Energie durchgeführt. Damit wird der Entwurf in Materialien übersetzt und seine energetische und ökologische Qualität untersucht. In diesem frühen Stadium ist es noch einfach möglich, Materialien zu optimieren und Dämmstärken zu verändern. Die Ergebnisse stellen – oft gestützt durch Wirtschaftlichkeitsabschätzungen – Entscheidungsgrundlagen für die Gemeinde dar. Sie werden im „Ziel-KGA“ festgehalten und in den darauffolgenden Planungsschritten und in den Ausschreibungen nachgeführt und überprüft. Nur mit regelmäßigen Nachführungen und den sich so ergebenden Kontrollen der Umsetzung kann die gewünschte Qualität des Gebäudes erreicht werden.
6) Ökologische Ausschreibung und Produktdeklaration
Ein optimiertes Material- und Energiekonzept wird als Basis für die Ausschreibungen erstellt. Vor Veröffentlichung erfolgt ein ökologischer Check der Leistungsverzeichnisse. Die Handwerker erhalten eine Produktdeklarations-Liste zur Deklaration aller auf der Baustelle verwendeten Materialien. Die Firma SPEKTRUM Bauphysik & Bauökologie GmbH prüft die angebotenen Produkte auf Ausschreibungskonformität und unterstützt die Baufirmen in der Nachweisführung.
7) Ökologische Bauaufsicht sicherstellen
Auf der Baustelle dürfen nur von Firma SPEKTRUM freigegebene Produkte verwendet werden. Eine ökologische Bauaufsicht prüft dies vor Ort, vergleicht die verwendeten Materialien mit der Deklarationsliste und erstellt eine Fotodokumetation. Diese Leistung kann von gemeindeeigenem Personal erbracht werden.
8) Die Innenraumluftqualität kontrollieren
Nach Fertigstellung des Gebäudes erfolgt eine Überprüfung der Luftdichtheit und Messung der Innenraumluftqualität. In den meisten Fällen haben die begleiteten Gebäude eine hervorragende Luftqualität und weisen gegenüber nicht optimierten Gebäuden deutlich geringere Schadstoffkonzentrationen auf. Bis zu 90% der baustoffbedingten Schadstoffe werden regelmäßig vermieden. Gelegentlich werden aber auch erhöhte Werte von VOC und Formaldehyd nachgewiesen und damit aufgedeckt, dass unerlaubterweise nicht deklarierte Materialien eingebaut wurden.
9) Förderabwicklung durchführen
Die Unterlagen für den Kommunalgebäudeausweis werden während des gesamten Prozesses aktualisiert. Nach Fertigstellung überprüft ein berechtigter KGA-Aussteller die Unterlagen. Mit seiner Bestätigung wird die erzielte Zusatzförderung vom Land Vorarlberg ausgezahlt.
10) Erhalten, was man bestellt hat
Das Ergebnis ist ein validiertes, qualitätsgesichertes, energieeffizientes, umweltfreundliches und gesundes Gebäude, das den Anforderungen entspricht. Die Gemeinde bekommt, was sie bestellt hat!